Mein Anspruch an die Verhütung ist groß:
⭐ Verhütung muss sicher sein.
⭐ Verhütung soll bestenfalls keine Nebenwirkungen haben.
⭐ Verhütung darf gerne positive Zusatzeffekte mit sich bringen.
⭐ Verhütung soll einfach in der Anwendung sein und in meinen Alltag passen.
⭐ Verhütung soll so natürlich wie möglich sein.
Bei der Wahl des Verhütungsmittels rückt heutzutage neben gesundheitlichen Aspekten, den individuellen Lebensumständen und dem Schutz vor Geschlechtskrankheiten, der Wunsch von Frauen, ihren Körper im natürlichen Hormonzyklus zu spüren, immer mehr in den Vordergrund. Zudem wird häufiger auf Nachhaltigkeit und Natürlichkeit bei der Verhütung geachtet.
Ich finde diese Entwicklung ganz großartig, da sie das Verständnis für den Körper und ein selbstbestimmtes Entscheiden in Sachen Familienplanung fördert - unabhängig davon welche Verhütungsmethode letztendlich gewählt wird.
Mein Weg ist schon seit einigen Jahren hormonfrei und ich bin sehr zufrieden damit. Keine Nebenwirkungen, dafür pures Körpergefühl in jeder Phase meines Zyklus. Zuvor hatte ich einiges ausprobiert: über 10 Jahre die Pille, dann das Hormonpflaster, der Nuvaring und schließlich bin ich zur Kombination von Natürlicher Familienplanung (NFP) und Kondom gelangt. Hier bietet die Senisplan® Methode eine tolle und wissenschaftlich belegte Möglichkeit sicher zu verhüten. Diese ist sogar vergleichbar sicher wie die Pille 😲. Ja richtig! Durch eine routinierte und intensive Körperbeobachtung kann man sicher verhüten.
Auf dem Kongress für Gynäkologie und Geburtshilfe im Oktober 2020 habe ich zur NFP eine Fortbildung besucht und mich darüber hinaus intensiv mit dem Thema Verhütung auseinander gesetzt - für mich selbst und für alle Menschen, die ich beraten darf. In diesem Artikel möchte ich mein Wissen zum Thema NFP mit dir teilen:
NFP bedeutet, wie schon gesagt, Natürliche Familienplanung und kann sowohl zur Empfängnisverhütung als auch zur Schwangerschaftsplanung bei Kinderwunsch angewandt werden. Der Sensiplan® ist eine symptothermale Methode der NFP. Hierbei werden mehrere Körperbeobachtungen, aber vor allem der Zervixschleim (Zervix = Gebärmutterhals), die Basaltemperatur deines Körpers und, wenn du dran kommst und magst, der Gebärmutterhals täglich beschrieben und auf einem dafür vorgesehenen Arbeitsblatt notiert. Hieraus werden die fruchtbaren Tage bestimmt.
Die Studienergebnisse sprechen für sich. Zur Verhütung kann zum Beispiel mit dem Sensipan® ein Pearl-Index von 0,4-1,8 erreicht werden, wenn während der fruchtbaren Tage auf Geschlechtsverkehr verzichtet wird. Der Pearl-Index ist ein Maß für die Zuverlässigkeit von Verhütungsmethoden. Er sagt uns, wie viele Frauen von 100 in einem Frauenjahr (= 12 Zyklen) schwanger werden trotz Anwendung des jeweiligen Verhütungsmittels. Zum Vergleich hat die Pille einen PI von 0,1-0,9 bei regelmäßiger Einnahme. Wer in den fruchtbaren Tagen nicht auf Sex verzichten möchte, kann auf Barrieremethoden wie zum Beispiel ein Kondom zurück greifen. Hier gilt dann aber der Pearl Index der gewählten Barrieremethode und es sollte ganz besonders auf die korrekte Anwendung geachtet werden.
Genug zur Statistik, hin zur Praxis. Wie funktioniert die NFP jetzt ganz genau?
1. Führe ein Zyklusblatt.
Auf einem Zyklusblatt werden alle Körperwahrnehmungen aufgezeichnet. Hierzu zählen: die Menstruationsblutung, die Konsistenz des Zervixschleims und die Empfindung am Scheideneingang, die Lage und Konsistenz des Gebärmutterhalses inklusive Beschreibung des Muttermundes und die Basaltemperatur. Außerdem werden weitere weniger spezifischere Symptome aufgezeichnet wie der Mittelschmerz und Brustspannen. Die Tage, an denen man Sex hat, werden markiert. Zusätzlich sollten Besonderheiten und mögliche Störfaktoren im Alltag eingetragen werden wie zum Beispiel Alkoholkonsum, Stress, exzessiver Sport, Schwankungen im Tag-Nacht-Rhythmus oder Reisen.
Ein Beispiel für ein solches Zyklusblatt zum Download findest du hier: Beispiel Zyklusblatt.
2. Messe jeden Morgen deine Basaltemperatur.
Jeden Morgen wird die Aufwachtemperatur mit einem Thermometer gemessen, entweder vaginal, anal oder im Mund. Du solltest die Temperatur ungefähr zur gleichen Zeit und auf die gleiche Art messen. Die Messdauer beträgt 3 Minuten. Speziell zur NFP hergestellte Thermomenter haben einen 3-Minuten-Timer, herkömmliche Digitalthermometer piepsen früher und müssen daher über den Signalton hinaus an der Messstelle belassen werden. Wenn das Messen zur gleichen Zeit schwierig für dich ist zum Beispiel wegen Schichtdienst oder weil du einfach mal ausschlafen möchtest am Wochenende, dann stelle sicher, dass du vor der Messung mindestens eine Stunde geruht hast.
In einem Zyklus mit Eisprung ist der Temperaturverlauf zwei-phasisch. Vor dem Eisprung ist die Temperatur niedriger als dannach. Nach dem Eisprung kommt es zu einem Progesteronanstieg im Körper, der wiederum ursächlich für den Temperaturanstieg ist und dieser wird bei der NFP beobachtet. Es gibt in der symptothermalen Methode ganz genaue Regeln, wie der Temperaturverlauf sein muss, damit ein Eisprung angenommen werden kann und wo dann das fruchtbare Fenster liegt. Sie mögen anfangs schwierig klingen, aber visualisiert mit einem Zyklusblatt und bestenfalls noch in Begleitung einer NFP-Beraterin, kommt man da schnell rein.
Die NFP arbeitet immer mit dem Prinzip der doppelten Kontrolle. Deshalb wird zur Fruchtbarkeitsbeurteilung zusätzlich der Zervixschleim mit einbezogen.
3. Beschreibe deinen Zervixschleim.
Der Zervixschleim ist unser natürlicher Östrogenmarker und wird am Vaginaleingang durch sanftes Tasten mit dem Finger gemessen. Mit der steigenden Östrogenkonzentration in der ersten Zyklushälfte wird der Zervixschleim flüssiger und klarer. Am Anfang des Zyklus ist er oft gar nicht messbar. In dieser Phase haben viele Menschen ein Gefühl der Trockenheit oder sogar ein leichtes Jucken in der Vulva. Je dünnflüssiger der Zervixschleim wird, desto eher fließt er vom Gebärmutterhals Richtung Vaginaleingang und wird für uns sichtbar. Zuerst ist er weiß, vielleicht etwas bröcklig und dickflüssig. Mit Nähe zum Eisprung wird er immer klarer und flüssiger. Zu seinem Höhepunkt ist er spinnbar wie ein Faden, wenn man ihn zwischen Zeigefinger und Daumen zieht. Das Empfinden am Vaginaleingang wird mit der Nähe zum Eisprung immer feuchter und kann sogar etwas ölig sein.
4. Taste deinen Gebärmutterhals.
Zusätzliche Sicherheit zur Einschätzung der Tage kann mit dem Tasten des Gebärmutterhalses und Muttermundes erreicht werden. Tatsächlich verändert sich nämlich Position und Konsistenz des Gebärmutterhalses sowie die Öffnung des Muttermundes während des Zyklus. Nach der Menstruation ist der Gebärmutterhals für viele Menschen in der Vulva mit dem Finger ertastbar. Seine Konsistenz ist derb, der Muttermund ist geschlossen. Zum Eisprung wandert der Gebärmutterhals etwas nach oben innen. Die Konsistenz wird weicher und der Muttermund öffnet sich leicht. Wenn du deinen Gebärmutterhals nicht selbst tasten kannst, ist das kein Problem. Dies ist kein Ausschlusskriterium zum natürlichen Verhüten.
An welchen Tagen bist du nun genau fruchtbar?
Auch hierfür gibt es wieder ganz genaue Regeln, die du beim Erlernen der Methode kennenlernen wirst. Grundlage sind immer die Auswertung des Zervixschleims und der Temperaturkurve. Zudem wird das Wissen über die Überlebenszeit der Spermien und der Eizelle nach dem Eisprung mit einbezogen. Die Eizelle ist nach dem Eisprung nämlich nur circa 12-16 h, in Ausnahmefällen 24 h befruchtbar. Spermien überleben maximal 5 Tage in der Vagina beziehungsweise den Krypten des Gebärmutterhalses.
Neben dem Sensiplan® sind mittlerweile einige Produkte auf dem Markt, die Versprechen den Zyklus besser kennen zu lernen und auch schon Apps, die zur Verhütung zugelassen sind. Allerdings unterliegen ihnen lange nicht die Studienlage wie bei der klassischen Papier-Stift-Methode.
Egal, warum du deinen Zyklus beobachtest, sie öffnen auf jeden Fall Augen, Ohren und Sinne für den eigenen Körper. Und das ist wunderbar. Fast automatisch entsteht hierbei ein Verständnis für die eigene Biologie, den Zyklus und die Fruchtbarkeit.
NFP zur Verhütung ist ohne Frage mit Übung verbunden. Verlässliche Aussagen für die Verhütungssicherheit können erst nach einigen Monaten getroffen werden oder direkt, wenn du die Methode mit einer zertifizierten Beraterin lernst.
Vom Handling sind es ein paar mehr Handgriffe als täglich die Pille einzunehmen oder sich eine Spirale einsetzen zu lassen. Es ist also einiges an persönlichem Engagement und etwas Geduld nötig. Für einige Frauen ist sie sicherlich schwierig, vielleicht auch gar nicht in den Alltag zu integrieren. Noch vor ein paar Jahren konnte ich mir das selbst nicht vorstellen.
Um die Sensiplan® Methode zu erlernen, bietet die Arbeitsgemeinschaft für NFP regelmäßig Kurse an. Mehr dazu könnt ihr auf ihrer Webseite erfahren unter www.nfp-online.de oder www.sensiplan.de. Das Buch hierzu "Natürlich und sicher verhüten" kann ich jeder Frau, die sich dafür interessiert, wärmstens ans Herz legen.
Zusammenfassend möchte ich sagen:
Verhütung ist Typsache. Nicht jede Verhütung passt zu jedem Menschen. Im Laufe des Lebens ändern sich häufig die Einstellungen zur Verhütung und die Bedürfnisse der verhütenden Personen. Bei mir war das auf jeden Fall so. Es gab Zeiten, da war die Pille oder eine andere hormonelle Verhütungsmethode für mich wahrscheinlich das Passendste. Seit einigen Jahren bin ich nun sehr happy ohne Hormone.
Viele Menschen möchten mittlerweile ohne Hormone verhüten: gesund, sicher und natürlich. Der Wunsch den eigenen Körper wahrzunehmen, die einzelnen Zyklusphasen zu spüren, im Einklang mit dem eigenen Zyklus zu leben und ihrer Fruchtbarkeit bewusst zu sein (fertility awareness) ist nicht nur ein großes Thema meiner Generation, sondern generationsübergreifend dieser Zeit.
Mir ist es ein großes Anliegen zu sagen, dass es viele Wege gibt sicher zu verhüten - auch hormonfreie. Wichtig ist vor allem, dass die Verhütungsart in der aktuellen Lebensphase zur Frau bzw. zum Paar passt. Welche das genau ist, darf jeder Mensch oder jedes Paar individuell und in Ruhe für sich herausfinden - damit der Sex frei und ohne Angst genossen werden kann.
Ich hoffe, du konntest die ein oder andere wertvolle Erkenntnis in Sachen natürlich verhüten aus meinem Artikel gewinnen. Bei weiteren Fragen oder dem Wunsch nach einem persönlichen Verhütungscoaching, kontaktiere mich gerne.
Rechtlicher Disclaimer: Dieser Artikel soll dir einen Einblick in die Welt der NFP geben. Es gibt viele Ausnahme Regeln im Sensiplan®, auf die ich in der Kürze des Artikels nicht näher eingehen konnte. Dieser Artikel ist also nicht geeignet als Anleitung zum Durchstarten in die NFP. Dafür empfehle ich eine ausführliche Beratung durch eine/n NFP-Berater*in oder ähnliche Fachexperten. Der Artikel enthält keine bezahlte Werbung.
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